Das Ziel der Initiative Klimaneutral 2035 ist eine klimaneutrale Gemeinde Neubiberg in den Bereichen Strom, Wärme und Mobilität im Jahr 2035.
Das Kernanliegen der Initiative ist die Schaffung aller notwendigen Rahmenbedingungen zur Realisierung der Klimaneutralität im privaten, gewerblichen und im öffentlichen Bereich.
1. Was ist Klimaneutralität?
Im Grunde bedeutet der Begriff klimaneutral erst einmal, dass durch ein Produkt oder eine Dienstleistung die Menge an klimaschädlichen Gasen in der Atmosphäre nicht erhöht wird.
Im Unterschied zu Netto-Null-Emissionen, bzw. Emissionsfreiheit, bei der gar keine Treibhausgase ausgestoßen werden, die die globale Klimaerwärmung verstärken dürfen bei Klimaneutralität Emissionen kompensiert, also anderswo vermieden werden. Für uns ist eine Kompensation aber nur das letzte Mittel, wenn es keine anderen Optionen mehr zur Vermeidung oder Reduktion der Treibhausgasemissionen gibt.
2. Warum 2035?
Um das Pariser Klimaschutzabkommen einzuhalten und die globale Temperaturerhöhung auf deutlich unter 2 Grad zu begrenzen, dürfen wir in Deutschland um das Jahr 2035 keine Treibhausgase mehr ausstoßen. Dies gilt natürlich auch für die Gemeinden. Warum sich aus diesem Abkommen für Deutschland das Jahr 2035 ergibt, wird hier leicht nachvollziehbar dargestellt.
3. Wieso nur bei Strom, Wärme und Mobilität?
Strom, Wärme und Mobilität sind die Emissionen, die von der Gemeinde direkt beeinflusst werden können. Bei Ernährung und Landnutzung, dem Konsum, etc. sind die Möglichkeiten zur Einflussnahme durch die Gemeinde nur gering. Bei der Reduktion des eigenen CO2-Fußabdrucks kann jedoch jede*r persönlich darauf achten, CO2 Emissionen in diesen Bereichen zu verringern.
4. Was sind notwendige Rahmenbedingungen?
Die Gemeinde kann die Bürger*innen nicht dazu zwingen, Strom, Wärme und Mobilität aus erneuerbaren Energien zu beziehen. Sie muss aber dafür sorgen, dass alle die Möglichkeit dazu haben, der Umstieg attraktiv ist und fossile Energien zunehmend unrentabler werden. Natürlich sollte sie auch mit gutem Beispiel voran gehen und alle gemeindlichen Liegenschaften mit erneuerbarem, am besten selbst produzierte(m) Strom und Wärme versorgen, den Fuhrpark umstellen und vieles mehr.
Wir haben versucht, wirkungsvolle und gleichzeitig realistische Ziele für diese Initiative zu wählen.
Es gäbe genügend Argumente, schon 2030 in allen Bereichen keinerlei Treibhausgase mehr auszustoßen, aber das ist für eine Gemeinde nicht realistisch. Deshalb haben wir uns für einige Einschränkungen entschieden, die aber trotzdem einen wirkungsvollen Klimaschutz ermöglichen.
Wir haben uns für das Ziel der Klimaneutralität statt der Netto-Null-Emissionen entschieden, da Klimaneutralität auch die Kompensation von Treibhausgasen erlaubt. Bei Netto-Null-Emissionen müssen die Emissionen, die nicht vermeidbar sind, wieder mit Carbon Capture and Storage (CCS) Verfahren aus der Atmosphäre entfernt werden. Auch wenn wir weltweit ultimativ Netto-Null-Emissionen erreichen müssen, sind solche Verfahren zumindest auf kommunaler Ebene auf absehbare Zeit unrealistisch.
Um Klimaneutralität in den drei Sektoren Strom, Wärme und Mobilität zu erreichen, gibt es drei Schritte, die auch in dieser Reihenfolge priorisiert werden sollen:
An erster Stelle steht immer die Einsparung von Energie, bzw. die Verbesserung der Energieeffizienz. Im zweiten Schritt werden fossile Energieträger durch erneuerbare Energien ersetzt. Kompensation von Treibhausgasen sollte nur die letzte Option sein, wenn alle Möglichkeiten zur Einsparung und Ersetzung ausgeschöpft sind.
Um das Pariser Klimaschutzabkommen einzuhalten und mit einiger Wahrscheinlichkeit die Erhöhung der globalen Durchschnittstemperatur auf deutlich unter 2 Grad zu begrenzen, müssen wir uns deutlich mehr ins Zeug legen, als es die EU, Deutschland, Bayern und der Landkreis München planen. Alle diese Pläne setzen sich das Jahr 2050 als Ziel für Klimaneutralität oder Netto-Null-Emissionen. Doch selbst hinter diesen Plänen sind wir bisher zurückgeblieben. Aufgrund von Covid-19 / SARS-Cov2 werden wir gegebenenfalls die deutschen Ziele für 2020 doch noch erreichen – dies verdanken wir jedoch keiner systematischen und nachhaltigen Reduktion von Treibhausgasen.
Tatsächlich ist es verwunderlich, dass die meisten Pläne sich das Jahr 2050 für Klimaneutralität als Ziel setzen, denn aus wissenschaftlicher Sicht ist dies für die Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens deutlich zu spät. Was es bedeutet mit einer 2/3 Wahrscheinlichkeit unter 1,75 Grad Erwärmung zu bleiben, hat Stefan Rahmstorf vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung in seinem Blog einmal ausgerechnet und kommt zu dem Resultat, dass wir bei linearer Reduktion im Jahr 2035 klimaneutral sein müssen. Wir haben die Rechnung nun auch noch mal mit den tatsächlichen Emissionen in Deutschland bis 2019 für eine 50% und 67% Wahrscheinlichkeit unter 1,5 Grad zu bleiben nachgerechnet und kommen dabei jeweils auf das Jahr 2030 oder sogar 2025. In Anbetracht dieser Zahlen ist das Ziel der Klimaneutralität im Jahr 2035 erneut ein Ausgleich zwischen dem wissenschaftlichen Notwendigem und einer realistischen Zeitspanne, um die notwendigen Maßnahmen umzusetzen.
Mit dem Fokus auf die Bereiche Energie, Wärme und Mobilität/Verkehr konzentrieren wir uns auf die drei „dicken Brocken“, die auch den Kern der Energiewende ausmachen. In diesen drei Bereichen werden rund 84% aller Emissionen (Energiebedingten Emissionen) verursacht. Das heißt keinesfalls, dass wir die Emissionen aus anderen Bereichen, wie z.B. Ernährung und Landnutzung, dem Konsum von Gütern und Produkten vernachlässigen wollen, doch auf diese weitestgehend indirekten Emissionen werden wir mit dieser Initiative nur wenig Einfluss haben. Beim Thema „CO2-Fußabdruck reduzieren“ werden sie natürlich berücksichtigt. Da ist jeder einzelne von uns gefragt.
Es ist das ausdrückliche Ziel der Initiative, dass nicht nur die Gemeindeliegenschaften und -verwaltung klimaneutral werden, sondern auch die privaten Haushalte, Gewerbe und die Industrie. Die Gemeinde sollte natürlich als Vorbild voran gehen und die notwendigen Rahmenbedingungen schaffen, so dass private Haushalte und das Gewerbe überhaupt klimaneutral werden können. Während erneuerbarer Strom kein großes Hindernis darstellt, sieht es hier bei der Heizung schon ganz anders aus. Effiziente Wärmepumpen sind nicht überall oder nur mit sehr hohen Kosten umsetzbar, Fern- oder Nahwärmenetze sind nur selten verfügbar. Auch bei der Mobilität brauchen wir gute Ideen, wie die Umstellung weg vom Verbrennungsmotor angeregt werden kann.
Am Ende kann und wird die Gemeinde niemanden zwingen, erneuerbare Energien zu nutzen, aber sie kann die Regelungen so wählen, dass die neuen Rahmenbedingungen deutlich attraktiver sind und insbesondere Vorschriften abschaffen, welche die Energiewende behindern.