Knapp zwei Jahre sind vergangen, seitdem der Neubiberger Gemeinderat auf Anregung der Klimainitiative und nach Vorschlag von Bürgermeister und Verwaltung den Beschluss gefasst hat, dass Neubiberg bis 2040 oder früher klimaneutral sein soll. Seitdem sind Ausschreibungen zu Konzepten auf den Weg gebracht und eine Klimaschutzmanagerin eingestellt worden. Ein konkreter Maßnahmenplan oder gar ein klar definiertes Projekt dazu, wie die Kommune als Ganzes bis zum genannten Zeitpunkt klimaneutral werden will, sind noch in weiter Ferne. Die Initiative Klimaneutral Neubiberg 2035 nimmt das zum Anlass, einen offenen Brief an Bürgermeister Thomas Pardeller und den Gemeinderat Neubiberg zu veröffentlichen:
Sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrte Gemeinderätinnen und Gemeinderäte,
bald sind zwei Jahre vergangen, seitdem Sie beschlossen haben, bis spätestens 2040 und wenn möglich sogar früher, in ganz Neubiberg klimaneutral zu sein. Das Klimaschutzförderprogramm ist ein großer Erfolg, zu dem wir regelmäßig sehr positive Rückmeldung bekommen. Mit der Beauftragung des Vorreiterkonzeptes, der Wärmeplanung und der Photovoltaik-Konzepten haben Sie wichtige Weichen gestellt. Wir stellen jedoch fest, dass bisher kaum messbare Ergebnisse erreicht wurden. Wenn wir auf die Ergebnisse jedes Konzeptes warten, werden wir selbst nicht 2040 klimaneutral sein, insbesondere da die Ausarbeitung der zentralen strategischen Konzepte noch nicht einmal angefangen wurde.
Damit der Beschluss von September 2021 zur Klimaneutralität eine Aussicht auf Erfolg hat, ist es unbedingt notwendig, schon jetzt Sofortmaßnahmen zu beschließen und dafür die finanziellen Ressourcen zur Verfügung zu stellen. Als Chef der Verwaltung obliegt es Ihnen, Herr Bürgermeister Pardeller, diese Maßnahmen zu priorisieren und den Fortschritt zu überwachen. Dies gilt ganz besonders für den 2021 beschlossenen und bis heute nicht begonnenen Masterplan zur Klimaneutralität. Personalmangel könnten Sie durch externe professionelle Hilfe ausgleichen, die der Verwaltung zuarbeitet.
Genauso wichtig ist es, die Wirksamkeit der Maßnahmen zu überprüfen und kontraproduktive Entscheidungen zu vermeiden. Baumpflanzungen sind sicher wertvoll, aber die von Ihnen versprochenen 500 Bäume reichen noch nicht mal aus, um die jährlichen CO2-Emissionen einer einzigen Person zu kompensieren[i]. Ein Teil des Gemeinderats hat jüngst beschlossen, 27 neue Parkplätze zu bauen, die alleine für mindestens 400t CO2-Emissionen sorgen werden[ii].
Wir haben eine Reihe von Vorschlägen für Sofortmaßnahmen erarbeitet, deren Nutzen auch ohne jedes Konzept ersichtlich ist. Die größte Sorge bereitet den Bürgerinnen und Bürgern nach unseren Informationen die Wärmewende. Außer Wärmepumpen wird hier die Fernwärme eine tragende Rolle spielen. Doch obwohl bereits Fernwärmeleitungen in Neubiberg liegen, bietet die SWM Interessenten kaum bezahlbare Optionen, sich daran anzuschließen. Deshalb könnten Sie sich bereits jetzt Partner suchen, mit denen Sie die Fernwärme in Eigenregie ausbauen – andere Gemeinden machen das genauso. Für die Verkehrswende bräuchten wir ein echtes Klimaticket, mit dem wir in Neubiberg umsonst fahren können. Außerdem benötigen wir den schnellen Ausbau von E-Ladesäulen und die Umsetzung des 2014 erstellten Radverkehrsplans. Sie können die Förderbedingungen vereinfachen und nachhaltige Beschaffungsregeln einführen, aber Sie können nicht noch weitere Jahre warten, bis alle Konzepte auf dem Tisch liegen. Die vollständige Liste mit allen Details zu unseren Vorschlägen finden Sie auf unserer Webseite unter: https://klimaneutral2035.de/sofortmassnahmen
Sie entscheiden darüber, was, wie und wann umgesetzt wird. Wir können Ihnen aus hunderten Gesprächen bestätigen, dass die Neubibergerinnen und Neubiberger diese Transformation wollen. Legen Sie jetzt los – wir unterstützen Sie dabei.
Mit freundlichen Grüßen
Neubiberg Klimaneutral 2035
Annika Gehrmann, Christian Ellerhold, Jens Coldewey, Michael Garding
Wenn Sie sich entscheiden sollten, auf diesen Brief zu antworten, veröffentlichen wir diese Antwort gerne unverändert auf unserer Webseite.
[i] https://www.fortomorrow.eu/de/aufforstung/co2-baumrechner
[ii] https://sites.google.com/view/sources-climate-how/?pli=1 (Section 5)
UPDATE 22.07.2023: Die Gemeinde hat geantwortet. Das Antwortschreiben finden Sie hier. Leider wurde aus unserer Sicht auf unsere Vorschläge nur teilweise oder gar nicht eingegangen – machen Sie sich am besten ein eigenes Bild. Auch der Gesprächstermin hat schon stattgefunden und war sehr konstruktiv. Leider hatten wir nicht genügend Zeit, über alle Sofortmaßnahmen im Detail zu reden, deshalb werden wir uns Ende Oktober erneut zusammensetzen.